Warum die Abberufung von Thomas Laufmöller ganz Münster betrifft

Seit Montagmorgen werde ich als Gemeindemitglied von St. Stephanus von allen Seiten gefragt: Was ist denn bei euch in der Gemeinde los? Kollegen treten an mich heran, Freunde aus anderen Münsteraner Stadtteilen, Nachbarn, Mitglieder der ebenfalls vor Ort ansässigen evangelischen Thomasgemeinde, aber auch beim Arzt wollen alle von mir wissen: Warum muss Thomas Laufmöller denn gehen? Eine Antwort kann ich ihnen leider nicht geben, genauso wenig wie meiner dreijährigen Tochter und meiner Familie, die außerhalb von Münster lebt.

Klar und deutlich wurde die letzten Tage mit Sicherheit: Das, was gerade in St. Stephanus passiert, schlägt hohe Wellen weit über die Grenzen der Aasseestadt hinaus. Nicht nur die WN berichten ausführlich, sondern auch die Kirche+Leben, Antenne Münster, WDR2 und die WDR Lokalzeit, zudem gibt es ein riesiges Echo in den sozialen Medien. Alle fragen: Warum wird eine florierende Gemeinde ohne Not von ihrem Seelsorger, ihrem Herzstück, getrennt? Ich war am Wochenende, wie so viele andere Gemeindemitglieder, in der Messe, die in St. Stephanus immer sehr gut besucht ist. Am Samstag war der Andrang zur Vorabendmesse so groß, dass (natürlich auch wegen der aktuellen Schutzauflagen) viele Menschen leider nicht mehr Einlass in die Kirche gefunden haben. In der, nach der Verlesung der Abberufung durch den Bistumsvertreter Karl Render, die Gemeinde fassungslos und bestürzt war, wo sich Protest laut machte und Antworten gefordert wurden.

In welcher Gemeinde finden wir noch ein solches Miteinander, in der junge und alte Menschen gleichermaßen todtraurig sind über den Weggang ihres Pastors? Wo Kita-Kinder begeistert sind, wenn sie „Thomas!!!!!“ von ihrem Spielplatz aus in seinem Garten entdecken und er auch eine Runde „anschubsen“ kommen soll? Wo Jugendliche den Weggang ihres Pastors in einem Brief an den Bischof beklagen? Wo alte Menschen darum bitten, auch nach seinem Weggang von Thomas Laufmöller beerdigt werden zu wollen?

Damit wird auch verständlich, warum das mediale Echo so groß ist. Hier geht es leider nicht um einen bedauerlichen Einzelfall, um eine Personalentscheidung, die für „manch einen, besonders im Gemeindeteil St. Stephanus, eine Enttäuschung ist“ (Zitat Genn aus dem Brief an die Gemeinde). Erstaunliche Parallelen zu anderen Fällen von Abberufungen beliebter Pastoren in Münster werfen die ganz grundsätzliche Frage auf: FÜR WEN ist die Kirche im Jahr 2020 da? Die Austrittswelle aus der katholischen Kirche rollt (1.822.908 (!) Austritte seit 2010, davon allein 16.654 im Bistum Münster in 2019). Im Jahr 2018 gab das Bistum nach eigenen Angaben 480.000 Euro für eine Imagekampagne mit einem neuen ‚Logo‘ aus. Die Tagespost schrieb dazu: „Ein Logo für eine neue Beziehungskultur. Für eine solche Beziehungskultur soll das neue Logo stehen, mit dem sich das Bistum Münster zukünftig präsentieren will. Es verbindet das Kreuz als „universales Markensymbol der Kirche“ mit einer imaginären, stilisierten Sprechblase. Die Verbindung der beiden Elemente soll das Symbol für eine lebendige Kirche des Dialogs sein“. Bischof Genn sagte im Juni 2020: „Kirche ist für viele nicht mehr relevant“. Die Fakten sprechen eine andere Sprache. In St. Stephanus wurden innerhalb weniger Tage 1000 Unterschriften für den Verbleib von Thomas Laufmöller gesammelt. Das sind 1000 Menschen, die sich sehr stark für ihre Kirche interessieren. Die nicht erst überzeugt werden müssen, sich einzubringen, zu engagieren und einen lebendigen Glauben zu leben. Im Sinne der ‚lebendigen Kirche des Dialogs‘, die das Bistum proklamiert, ist es dringend an der Zeit, mit den Mitgliedern der Gemeinde in St. Stephanus in den Dialog zu treten und zu zeigen, dass es in der Kirche immer noch der Mensch ist, der zählt.

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Bericht katholisch.de

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