Was bisher geschah… 10.12.2020
Präambel:
Wir halten Inhalt, Form und Zeitpunkt der Entscheidung und des bischöflichen Briefs mit der Abberufung von Thomas Laufmöller, der am 1. Advent in unserer Gemeinde verlesen wurde, für inakzeptabel. Daher hat sich inzwischen eine basisgemeindliche, aktive Protestbewegung mit vielen Teilnehmer*innen organisiert. Unsere Meinungen finden sich z.B. auf dieser Webseite. Auch viele Medienberichte greifen das Thema auf (z.B. in den Westfälischen Nachrichten, Kirche + Leben, katholisch.de, Lokalzeit Münsterland). Täglich finden sich Leserbriefe zum Thema in den Westfälischen Nachrichten und viele wenden sich in persönlichen Briefen direkt an Bischof Genn.
Unser Anliegen:
Wir erwarten, dass wir als Vertreter*innen des Volkes Gottes mit unseren Sorgen und Fragen ernstgenommen werden und hoffen, dass Bischof Genn seiner Rolle als Hirte und Seelsorger gerecht wird, indem er unsere Anliegen anhört, und in aller Offenheit neu evaluiert, ob ihm wirklich die Situation in St. Stephanus und St. Liudger (der übergeordneten Großpfarrei) vollumfänglich bekannt war, bevor er seine Entscheidung getroffen hat. Wir glauben nicht, dass dies der Fall war und hoffen von Herzen, dass er seine Entscheidung überdenkt.
Die Ausgangslage:
Viele Gemeindemitglieder empfinden St. Stephanus als katholische, allumfassende Gemeinschaft, in der Verschiedenheit willkommen und Individualität möglich ist. Für uns wird das Wirken des Heiligen Geistes in unserer Gemeinde in Gottesdiensten, Begegnungen und Veranstaltungen deutlich spürbar. Die Gemeinde bietet vielen Menschen Halt und Geborgenheit, was besonders in der aktuellen Pandemie von unschätzbarem Wert ist. Außerdem finden wir, dass es in der Gemeinde in beeindruckender Weise gelingt, völlig unterschiedliche Menschen miteinzubeziehen und für sie – wenn gewünscht – passende Aufgaben zu finden. Hier ist über viele Jahre hinweg eine Atmosphäre entstanden, in der sehr viele Menschen sich mit ihrem Glauben, ihren Anliegen und ihren Talenten willkommen fühlen und wissen, dass ihre Stimme Gehör findet.
Maßgeblich am Aufbau und Erhalt dieser Atmosphäre beteiligt ist natürlich auch Pastor Thomas Laufmöller. Er ist ein Hirte, der mit den Menschen in seiner Gemeinde tiefgehende Beziehungen aufgebaut hat, die es ihm ermöglichen Menschen wirklich zu verstehen und auf ihrem Weg zu Gott zu begleiten. Er versteht es außerdem auf überzeugende Weise, den Kern des Christentums für alle spürbar zu machen. Es gelingt ihm aber auch, Beziehungen unter den Gemeindemitgliedern anzustoßen und sich dann aus einem Bereich selbst zurückzuziehen.
November 2020: Gerüchte, Leserbriefe & Unterschriftenaktion
Im November 2020 tauchten plötzlich Gerüchte und Leserbriefe auf, aus denen hervorging, dass eine Versetzung von Pastor Laufmöller möglicherweise sehr bald bevorsteht. Die allermeisten Gemeindemitglieder erfahren davon erst im Verlauf der letzten Novemberwoche, als ab Mittwoch (25.11.) Unterschriftenlisten kursieren, die sich für den Erhalt von Thomas Laufmöller in der Gemeinde aussprechen.
1. Advent 28./29.11.2020: Erster Zeitungsartikel, Verlesen des Bischofsbriefs, Proteste, Übergabe von 1000 Unterschriften gegen die Versetzung Laufmöllers
Am Samstagmorgen erscheint der erste konkrete Zeitungsartikel zu dem Thema in den Westfälischen Nachrichten, in dem auch darauf hingewiesen wird, dass die Entscheidung des Bistums noch am Wochenende bekannt gegeben werden soll. Viele Gemeindemitglieder sind sehr betroffen und fragen sich nun, wie sie dies zum Ausdruck bringen können. Manche versuchen – vergeblich – den übergeordneten leitenden Pfarrer der Pfarrei St. Liudger zu erreichen, manche verfassen Fürbitten, andere beginnen, Plakate zu gestalten, aus denen ihr Unverständnis hervorgeht.
In der Vorabendmesse des 28.11.2020 verliest Karl Render, der Personaldezernent des Bistums, den Brief von Bischof Dr. Felix Genn, in dem Thomas Laufmöllers Abberufung verkündet, aber aus unserer Sicht nicht erklärt wird. Karl Render wird von Nachfragen und Unmutsäußerungen unterbrochen. Er betont, dass er nur da sei, um den Brief zu verlesen und dass dies „keine Diskussionsveranstaltung“ sei. Auch am Sonntag verliest er den Brief in zwei Messen. Erneut rufen viele ihre Fragen dazwischen und an der Stelle, wo der Bischof Thomas Laufmöller für seine Arbeit dankt, applaudiert die Gemeinde 15 Minuten lang. Auch am Sonntag beantwortet Render die Fragen der Gemeinde nicht, hört sich aber an, was aus der Gemeinde vorgebracht wird. Sehr viele verschiedene Personen aus der Gemeinde – Ältere, Jüngere, Frauen, Männer, Menschen mit Migrationshintergrund,… – wagen im Anschluss den Schritt an den Ambo und bringen ihre Perspektive zum Ausdruck. Ihnen geht es um den Verbleib von Thomas Laufmöller, sie bringen aber auch ihre Sorge über die Entscheidung des Bistums gegen langfristige Seelsorge und gegen ihr Gemeindekonzept zum Ausdruck und fordern Partizipationsmöglichkeiten, angemessene Kommunikation und Erklärungen von Seiten des Bistums. Sie bitten Herrn Render, ihre Anliegen dem Bischof weiterzugeben. Sie fordern außerdem vom Bischof einen Gesprächstermin und kündigen an, am 6.12. gemeinsam zum Münsteraner Dom zu ziehen. Eine Delegation der KFD (Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands) übergibt eine Unterschriftenliste mit 1000 Unterschriften gegen die Versetzung Laufmöllers an Karl Render, die sie innerhalb von 5 Tagen gesammelt hat (Anm.: die Gemeinde St. Stephanus hat inkl. passiver Mitglieder keine 3000 Seelen).
Die Gemeinde empfindet die Art und Weise der Abberufung als ein Statement des Bischofs dagegen, wie katholischer Glauben in St. Stephanus gelebt wird. Dies wird offen und wiederholt gegenüber Render geäußert.
Um sich ein unabhängiges Bild von der Stimmung während der Proteste zu machen, empfehlen wir Ihnen die Fotostrecke der WN. Dies ist wichtig, da uns von Pfarreirat, Seelsorgeteam und Bischof später Aggressivität und Diffamierung vorgeworfen werden. (Anm.: Die Mund-Nasen-Bedeckung wird von vielen Menschen aufgrund einer pandemischen Situation zum Infektionsschutz getragen und nicht, um andere Menschen einzuschüchtern).
Mittwoch, 2.12.2020: Der Pfarreirat trifft sich unter Ausschluss der Öffentlichkeit
Der Pfarreirat von St. Liudger trifft sich am Mittwochabend außerplanmäßig zu einer Sitzung in Präsenz unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Das einzige Mitglied des Pfarreirates, das sich in der Vergangenheit klar für Thomas Laufmöller eingesetzt hat, wird mit mehrstündiger Verspätung eingeladen, ist zu dem Zeitpunkt krankgeschrieben und kann der Sitzung nicht beiwohnen. An diesem Abend wird das Statement vom 4.12. erarbeitet.
Donnerstag, 3.12.2020: Absage der Demo
U.a. die Westfälischen Nachrichten berichten, der Bischof plane für Samstag ein Gespräch mit Laufmöller. Um welche Inhalte es gehen sollte, wird nicht berichtet. Viele Gemeindemitglieder erhoffen sich, dass es einen Dialog auf Augenhöhe geben und der Bischof seine Entscheidung vielleicht nochmals überdenken möge. Als Zeichen guten Willens wird der für den Nikolaussonntag geplante Protestzug der Gemeindemitglieder zum Dom abgesagt.
Freitag, 4.12.2020: Statements Pfarreirat und Seelsorgeteam
Pfarreirat und Seelsorgeteam (mit Ausnahme von Thomas Laufmöller) von St. Liudger verbreiten je eigene Statements, die sich inhaltlich überschneiden. Der Pfarreirat schreibt, „die Abberufung von Thomas Laufmöller zu keiner Zeit gefordert oder gefördert“ zu haben (warum fordert der Pfarreirat dann nicht, dass er bleibt?), nicht „in sich gespalten“ zu sein (1000 Unterschriften für den Verbleib von Laufmöller und keiner aus dem Pfarreirat will für ihn sprechen? Vertritt ein solcher Pfarreirat die Interessen der Gemeinde?) und dass sie „abwertende und verletzende Inhalte“ ablehnen (wie wohl jeder Christ). Weiterhin heißt es: „Aber es ist inakzeptabel, lautstark und aggressiv den Bischof, den Pfarreirat sowie Mitglieder des Seelsorgeteams öffentlich zu diffamieren“.
Wir erinnern uns: Ein begnadeter Seelsorger wird ohne erkennbaren Grund mitten in der Coronapandemie, in der die Menschen Halt suchen, am 1. Advent gegen seinen Willen und gegen den Willen seiner Gemeinde abberufen. Und der Pfarreirat stilisiert sich gemeinsam mit Bischof und Seelsorgeteam (ohne Laufmöller!) als Opfer der Proteste.
So beginnt eine gezielte Diffamierung unserer kreativen, diversen und ja, manchmal spitzen Protestbewegung. Ferner schreibt der Pfarreirat: „Dass Menschen, für die Thomas Laufmöller ein guter Seelsorger ist […] enttäuscht sind […]“ und distanziert sich damit davon, dass Laufmöller ein guter Seelsorger sein könnte.
Kurzum: hier ist kein Willen zum Dialog erkennbar, sondern der Pfarreirat kreist um sich selbst und ignoriert das eigentliche Problem: dass die Menschen im Advent in der Pandemie von einer Krise der Gemeinde ohne Grund überrollt werden und Antworten auf ihre Fragen verlangen. Hier verspielt er sein Vertrauen.
Samstag, 5.12.2020: Gespräch mit dem Bischof
Am Samstagmorgen um 09:00 Uhr treffen sich Thomas Laufmöller und ein Vertrauter mit Bischof Dr. Felix Genn und Herrn Karl Render zu einem Gespräch. In der anschließenden Pressemitteilung wird die Versetzung bestätigt und weiterhin nicht begründet. Zusätzlich schreibt das Bistum:
„Solche Proteste dürften aber nicht, wie es teilweise geschehen sei, zu persönlichen Angriffen gegen andere SeelsorgerInnen oder gegen gewählte Gremienvertreter der Pfarrei führen.“
Hier drängt sich der Eindruck auf, die Ohren des Bischofs seien deutlich näher an den Mündern des Pfarreirates als an den der verletzten Gemeindemitgliedern. (Fotostrecke der Proteste aus den WN).
Weiter heißt es: „Pfarrer Laufmöller brachte zum Ausdruck, dass er gerne in St. Stephanus geblieben wäre.“ Die Versetzung gegen Laufmöllers Willen gibt das Bistum hier also zu.
Am selben Tag erscheint ein Interview mit Pfarreiratsmitgliedern, die sich (erneut) nicht für Laufmöller positionieren, sondern z. B. sagen:
„Wichtig wäre mir, den Leuten klar zu machen, worum es denn wirklich geht. Geht es um den Seelsorger vor Ort oder um Christus? Wenn Thomas Laufmöller die Gemeinde verlässt, sind wir natürlich auch für die Gläubigen in St. Stephanus da und sind bereit für gemeinsame Gespräche über die Zukunft der Gemeinde.“
Abgesehen davon, dass “geht es um xy oder um Christus” kein Argument ist, belegt der Pfarreirat hier erneut, dass er die Fragen der Menschen nicht verstanden hat:
Warum muss die Versetzung Laufmöllers am 1. Advent in der Coronapandemie, in Zeiten größter seelsorgerischer Not verkündet werden? Warum wurden die Gläubigen nicht in die Entscheidungen eingebunden? Warum wird hier ein Zeichen gegen eine funktionierende, lebendige Gemeinde gesetzt? DARUM geht es. Nicht um den Pfarreirat. Nicht um andere Seelsorger. Nicht um den Bischof.
Die Gemeindemitglieder in St. Stephanus empfinden das Schreiben des Bischofs als ein Zurückschlagen ihrer ausgestreckten Hände, die zum Dialog bereit sind und als Zeichen der Deeskalation sogar einen für den 2. Advent geplanten Protestzug abgesagt hatten.
2. Advent 6.12.2020: Karl Render im Interview
Render nimmt die Erzählung der persönlichen Angriffe erneut auf und sagt in einem Interview: „Es ist völlig verständlich, dass die Menschen in St. Stephanus, die Pfarrer Laufmöller sehr schätzen, ihn gerne weiter im Gemeindeteil St. Stephanus gesehen hätten und die Entscheidung kritisieren. Aber das sollte nicht zu persönlichen Angriffen gegen andere Seelsorger oder auch gegen gewählte Gremienvertreter in der Pfarrei führen.“
Weiter sagt er: „Ganz unabhängig von der konkreten Person, ist es aber auch so, dass die alleinige Zentrierung auf eine Person nicht unserem Kirchenbild entspricht.“ In welcher Kirche ist denn Herr Render? Da müssten einem gläubigen Katholiken eigentlich spontan etliche Personen einfallen, auf die die Amtskirche sich sonst gern zentriert (genannt seien hier nur Papst, Kardinäle, Bischöfe,…).
Dann sagt er noch: „Die Versetzung war mit dem Pfarrer abgesprochen; es wurden viele Gespräche mit ihm und anderen geführt, unter anderem auch in der Pfarrei, in die er wechseln wird. In der Kombination Friedensschule mit einem reduzierten Einsatz in einer anderen Pfarrei in Münster, sind wird einem Vorschlag von Pfarrer Laufmöller gefolgt.“ Hier wird suggeriert, Laufmöller habe quasi um Versetzung gebeten, was in deutlichem Widerspruch zur Aussage Laufmöllers im Schreiben des Bistums vom Samstag steht (“Ich wäre gern in St. Stephanus geblieben”).
In den Gottesdiensten am Sonntag verliest Laufmöller das Schreiben des Bistums und ordnet es ein: Der Termin mit dem Bischof sei „ein schwerer Gang und ein schweres Gespräch gewesen“. Ihm sei „ein Stück Heimat abgeschnitten“ worden (WN vom 7.12.2020, nicht online verfügbar).
Montag, 7.12.2020: Statements St. Stephanus
Die Gemeindemitglieder in St. Stephanus veröffentlichen ein Statement zur Pressemitteilung des Bistums, in dem sie den Beschluss des Bischofs, die Art der Kommunikation, das weitere Ignorieren der zahlreichen Stimmen in der Gemeinde kritisieren und ihre Sorgen um die katholische Kirche als Ganze betonen. Erneut stellen sie die Frage WARUM die Verkündung der Abberufung Laufmöllers am 1. Advent in der Coronapandemie sein musste und warum langfristige erfolgreiche Seelsorge offensichtlich nicht bestehen darf. Erneut fordern sie ein Gespräch mit dem Bischof und einen Dialog auf Augenhöhe.
Gleichzeitig veröffentlichen sie ein Statement zum Pfarreirat, in dem sie die Diffamierungsvorwürfe zurechtrücken und aufgrund des nun zerrütteten Vertrauensverhältnisses zum Pfarreirat die für St. Stephanus gewählten Vertreter zum Rücktritt auffordern.
Donnerstag, 10.12.2020: Genn im Interview:
In einem Interview mit den WN wird Genn u. a. zu den Protesten in St. Stephanus befragt und er zeigt erneut, wie er in seinen Echokammern über die friedlichen Proteste unterrichtet wird:
WN: Bei der jüngsten Versetzung eines Priesters in St. Stephanus in Münster gab es heftige Proteste. Wie gehen Sie damit um?
Genn: […] Was ich bedenklich finde ist, wenn im Rahmen von Protesten andere Seelsorger oder gewählte Gremienvertreter persönlich angegriffen werden. Und die Zentrierung auf eine einzelne Person, so geschätzt sie ist und so vertrauensvoll die Beziehung zu ihr sein mag, entspricht nicht meinem Kirchenbild und ist auch nicht gut. Kirche, das ist nicht nur der Bischof oder der Pfarrer. Kirche, das ist die Gemeinschaft der Gläubigen. Ob eine Gemeinde lebendig ist oder nicht, darf nicht nur am Pfarrer hängen und hängt auch nicht nur vom Pfarrer ab. Hierzu tragen die übrigen Seelsorgerinnen und Seelsorger genauso bei wie die ehrenamtlich Engagierten. Und – das kann ich Ihnen als Bischof sagen – es gibt im ganzen Bistum viele lebendige Gemeinden. Darüber bin ich froh und dankbar.
Nochmal, Herr Genn: Es geht nicht um Sie. Es geht nicht um den Pfarreirat, der sich so schlimm beschimpft fühlt. Es geht nicht um das Seelsorgeteam von St. Liudger. Es geht nicht um andere lebendige Gemeinden, die es im Bistum (noch!) gibt.
Es geht darum, wie eine lebendige katholische Gemeinde in der Coronapandemie am 1. Advent ohne erkennbaren Grund gedemütigt wird und dass diese Demütigung unerklärt bleibt und doch so laut nach Erklärung schreit!