“Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder” - ein Wunschzettel
Mt 18,1-5 “Der Rangstreit der Jünger: In jener Stunde kamen die Jünger zu Jesus und fragten: Wer ist denn im Himmelreich der Größte? Da rief er ein Kind herbei, stellte es in ihre Mitte und sagte: Amen, ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht in das Himmelreich hineinkommen. Wer sich so klein macht wie dieses Kind, der ist im Himmelreich der Größte. Und wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf.“
Wenn es auf Weihnachten zugeht, sagen wir unseren Kindern, dass sie einen Wunschzettel schreiben sollen. In diesem Jahr - so ist es vielfach durch die Medien gegangen - wünschen sich die Kinder mehr als Lego und Barbie. Sie formulieren ihre Hoffnungen und Sorgen, bitten um Impfstoffe, Besuche von den Großeltern und eine Rückkehr zum gewohnten Leben. Und ich bin mir sicher, dass die Kinder der Gemeinde St. Stephanus noch einen Wunsch auf ihrem Zettel stehen haben - dass der Thomas bleiben darf.
Aber nicht nur unsere Kinder, auch wir Eltern haben Wünsche, und so habe auch ich in diesem Jahr einen Wunschzettel geschrieben. Ich wünsche mir:
dass die Kirche ihren Gläubigen Entscheidungen transparent und nachvollziehbar kommuniziert,
dass Christinnen und Christen in einer lebendigen Gemeinde sachliche Kritik üben dürfen, ohne dass ihnen Diffamierung vorgeworfen wird,
dass Seelsorger und ihre Gemeinde eine Beziehung zueinander aufbauen dürfen, die nicht nach einer bestimmten Zeit entgegen ihrer Bitten beendet wird, weil die Verantwortlichen meinen, es wäre gut, sich mal wieder auf “etwas Neues” einzulassen,
dass Glaube und Kirche eine Heimat sind, und keine Mitgliedschaft in einem Unternehmen, dessen Personalpolitik man - ohne sie hinterfragen zu dürfen - mit seiner Kirchensteuer finanziert,
dass gewählte Vertreter*innen einer Kirchengemeinde sich ihrer Verantwortung bewusst sind und die Interessen ALLER Gemeindemitglieder vertreten,
dass ein Bischof das offensichtliche Entgegenkommen einer Gemeinde, die einen geplanten Demonstrationszug abgesagt und damit ein deutliches Zeichen gesetzt hat, anerkennt und einen Schritt auf sie zumacht, statt die ausgestreckte Hand zurückzustoßen,
dass es nicht nur ein Werbeversprechen ist, wenn es heißt:
Als Bischof glaubwürdig zu sein, bedeutet für ihn, dass die Menschen spüren: "Da ist ein Bischof, ein Priester, ein Christ, der lebt, was er sagt."Deshalb geht er immer wieder zu den Menschen im Bistum … und hört ihnen zu. Nicht nur den Würden- und Funktionsträgern, auch diejenigen, die am Rande stehen, sind ihm wichtig. “
Als ich ein kleines Mädchen war, sagte meine Mutter in einer für unsere Familie sehr verzweifelten Situation zu mir: “Jetzt kann nur noch Beten helfen. Versuch` es, man sagt: Kindergebet dringt durch die Wolken!” Ich bin mir sicher, dass unsere Bitten - um bei diesem Bild zu bleiben - die Wolken längst durchdrungen haben und dort auf offene Ohren gestoßen sind. Aber im Gegensatz zu dieser Entfernung scheint die Distanz zwischen der Aaseestadt und dem Domplatz 27 ungleich weiter zu sein…
Die Illustration zu diesem Blog stammt von einem Kind aus unserer Gemeinde und zeigt den großen Thomas Laufmöller inmitten der Kinder, die ihn so sehr mögen. Ich wünsche mir, dass es bald noch ein ähnliches Kinderbild gibt, dass den Bischof zeigt, der die ausgestreckten Hände der Gemeinde ergreift und endlich ihre eindringlichen Bitten um einen wertschätzenden Dialog erhört!