Primum nocere
Heute erreichte ein Standardbrief des Generalvikars Herrn Dr. Winterkamp einige Mitglieder unserer Pfarrgemeinde, die sich im Vorfeld mit ihren drängenden Anliegen in ausführlichen, persönlichen und differenzierten Briefen an unseren Bischof Herrn Dr. Genn gewandt hatten. Da es sich um einen Standardbrief handelt, gehe nicht davon aus, dass er Vertrauliches beinhaltet und möchte ihn daher hier öffentlich diskutieren.
Es heißt darin, auf die “Frage nach der Kommunikation, der Beteiligung und dem Warum […] hat es in der letzten Zeit vermehrt öffentliche Interviews und Erklärungen gegeben. Gemeinsam ist allen, dass es auch seitens des Bistums eine Wertschätzung für die seelsorgliche und priesterliche Arbeit von Pfarrer Laufmöller gibt.”
Hier möchte ich zunächst feststellen, dass auch das “vermehrt[e]” Nicht-Beantworten von drängenden Fragen keine Fragen beantwortet: auch 100 mal 0 bleibt 0. Wie wir bereits wiederholt angemerkt haben, stellen vage Antworten wie “man muss das Ganze sehen” oder “wir waren schon seit vielen Jahren im Gespräch” keine Erklärungen dar und stehen im krassen Widerspruch zum persönlich und tief empfundenen Schmerz, der dadurch auf vielen Seiten verursacht wird, sowie zum Schaden an der katholischen Kirche im Bistum Münster, der hier angerichtet wird.
Darüber hinaus macht mich das hier ausgestellte Arbeitszeugnis unseres überaus engagierten und bis zur Erschöpfung arbeitenden Pastors in Form “eine[r] Wertschätzung” fassungslos. In Firmenkreisen käme das der Schulnote “mangelhaft” gleich (Herr Laufmöller war stets bemüht…)
Paradox ist es, wenn Herr Dr. Winterkamp in ein und demselben Brief schreibt, dass die “Inhalte eines Personalgespräches vertraulich zu behandeln [sind]” und dann eben jene Inhalte dieser Personalgespräche von Herrn Dr. Winterkamp mitgeteilt werden: “Pfarrer Laufmöller hat jedoch persönlich darauf gedrängt, dass eine zeitnahe Kommunikation [Anm.: über die Abberufung Laufmöllers] erfolgt” und dass Laufmöller “letztlich dem Wunsch des Bischofs [Anm.: nach Versetzung] entsprochen [hat]”.
Aber wirklich grotesk wird es, wenn Herr Dr. Winterkamp darauf hinweist, dass “Pfarrer Laufmöller […] seit Jahren darüber informiert [ist], dass für ihn eine Einsatzveränderung ansteht” und er süffisant fragt: “in welcher Weise er [Anm.: Laufmöller] die Gemeinde darauf vorbereitet hat, dass auch er [Anm.: Laufmöller] nicht für immer im Gemeindeteil St. Stephanus tätig sein wird, entzieht sich [Winterkamps] Kenntnis”. Um es pointiert zu formulieren: Thomas Laufmöller darf nicht über Inhalte von Personalgesprächen reden, außer sie würden seiner eigenen Glaubwürdigkeit schaden und das Bistum in ein gutes Licht rücken. Das Bistum hingegen darf jederzeit Inhalte vertraulicher Gespräche preisgeben, wenn sie Thomas Laufmöller schaden und das Bistum in ein gutes Licht rücken. Das ist Machtmissbrauch.
Die unglückliche Formulierung, “dass diese Personalentscheidung nicht nur auf Zustimmung stoßen wird”, ist wohl der Tatsache geschuldet, dass der Brief noch vor dem Protest auf dem Domplatz verfasst wurde.
Immerhin kapituliert Herr Dr. Winterkamp dann auch zum Schluss seines Briefes: “Ich bin mir sicher, dass mein Schreiben Ihre Anfragen und Kritiken nicht in der gewünschten Weise beantwortet.”
Ich weiß aus Gesprächen, dass dieser Brief von vielen Mitgliedern unserer Pfarrei ähnlich wahrgenommen wird: Hier geht es nicht um Erklärungen. Hier geht es nicht um Dialog. Hier geht es nicht um Perspektiven oder um ein Miteinander. Hier geht es darum, noch einmal nachzutreten. Gegen Thomas Laufmöller. Gegen unsere Pfarrgemeinde. Wie soll aus dem vagen Gesprächsangebot des Generalvikars auf dieser Grundlage ein echter Dialog auf Augenhöhe werden?
Aus der Antike ist der hippokratische Sinnspruch “primum non nocere” überliefert: Was der Arzt oder die Ärztin auch immer tue, man möge zuallererst bitte nicht schaden. Ich habe den Eindruck, hier wird dieser Sinnspruch pervertiert: es soll schnellstmöglich maximaler Schaden angerichtet werden. Primum nocere.
Letztes jedenfalls gelingt dem Bistum Münster mit Bravour.